Das Mai-Treffen der Stadtteilvernetzer Stuttgart in der Neckarvorstadt befasste sich schwerpunktmäßig mit dem Thema “Repair Café im Quartier”. Hier die inhaltliche Zusammenfassung der Diskussion:
Was ist eigentlich ein Repair Café? Bei einem Repair Café kommen Menschen zusammen, um gemeinsam mit der Unterstützung von Experten des Repair Café-Teams kaputte Dinge zu reparieren, und so ein Zeichen zu setzen gegen die Wegwerf-Mentalität. Die Treffen sind nicht-kommerziell und werden ganz von ehrenamtlichen Helfern getragen.
Repair Cafés entstanden zuerst in den Niederlanden im Jahr 2009. Seitdem wächst eine weltweite, gemeinnützige Repair Café- Bewegung heran. Auch in Deutschland gibt es zwischenzeitlich fast 200 solcher Reparier-Treffen. Sie sind aufgelistet auf der Webseite repaircafe.org/de . Wer selbst ein Repair Café eröffnen möchte, findet auf dieser Seite viele wichtige Tipps und kann sich ein digitales Starter-Paket herunterladen, das dann auch zur Verwendung des Repair Café-Logos berechtigt.
In Stuttgart existieren derzeit fünf Repair Cafés: im Westen, in Wangen, in Vaihingen, im Hallschlag , auf dem Fasanenhof in Möhringen und bald wohl auch in Plieningen. Repair Cafés können eine wichtige Rolle in der Quartiersvernetzung spielen, deshalb sind sie für uns Stadtteilvernetzer interessant.
Auf unserem Treffen in der Neckarvorstadt waren Vertreter von zwei Repair Cafés zu Gast: vom Repair Café im Bürgerhaus Lauchhau-Lauchäcker in Vaihingen, getragen vom dortigen Bürgerforum (Herr Kungl und Herr Schneider). Und vom Repair Café Hallschlag aus Bad Cannstatt, das im Rahmen des Programms Sozial Stadt/Zukunft Hallschlag von Mitarbeitern sozialer Dienste und dem Stadtteilbüro ins Leben gerufen wurde (Hr. Böhler).
Im Gebiet Lauchhau-Lauchäcker gibt es schon gute Vernetzungsstrukturen aufgrund der guten Gemeinwesenarbeit in den ersten Jahren und der Aktivitäten des Bürgerforums Lauchhau-Lauchäcker, das sich darum bemüht, die beiden Quartiere – die neuen Lauchäcker (Beginn der Aufsiedlung 2002) und dem seit 1968 bestehenden Lauchhau – zusammenzuführen. Insofern war es kein größeres Problem, Freiwillige zu finden, die beim Repair Café im Bürgerhaus Lauchhau-Lauchäcker mitmachen. 21 technische Experten stehen derzeit zur Verfügung. Freiwillige gibt es auch für die Organisation und für’s Kuchenbacken. Ebenso spendet ein Vaihinger Bäcker regelmäßig Kuchen, weil ihm die Repair Café-Leute etwas reparierten, – ein Zeichen dafür, wie gut die Kooperation zwischen dem Repair Café und dem örtlichen Handel ist. Nicht Konkurrenz gibt es hier, sondern Kooperation.
Neben den Räumen für die Reparier-Experten gibt es im Bürgerhaus auch einen Café- bzw. Wartebereich, denn man kann nicht alle Dinge gleichzeitig reparieren, sondern es werden Wartenummern vergeben. Angeboten werden unterschiedliche Reparier-Tische: Haushaltsgeräte – Spielzeug – Näharbeiten – Fahrrad – Holz – Metall – Elektrik – Computer- Mechanik. Auffallend ist, dass diejenigen, die etwas zum Reparieren bringen, auch das Gespräch suchen und schätzen bzw. die Zeit, die man sich für sie und ihr Anliegen nimmt. Gerne wird deshalb auch gespendet. Das Geld wiederum wird für die Anschaffung von neuem Spezialwerkzeug benutzt.
Viel Mittel braucht man eigentlich nicht, um ein Repair Café zu starten. Das Allerwichtigste sind vielmehr die technikkundigen Freiwilligen und passende Räume, die außer dem Reparier-Bereich auch einen Wartebereich bieten sollten und – idealerweise – einen Stauraum für das Werkzeug.
Im Hallschlag wurde das dortige Repair Café nicht von Bürgern initiiert, sondern von gemeinnützigen Organisationen, die sich in ihrer professionellen Rolle um die Quartiersvernetzung im Hallschlag bemühen. Auch dieses „top-down-Modell“ wird öfters gewählt, siehe die beiden Repair Cafés im Bereich Fasanenhof und Plieningen (in Planung).
Im Hallschlag gibt es schon seit vier Jahren eine erfolgreiche Fahrradwerkstatt, die in den Sommermonaten von April bis Oktober jede Woche stattfindet, sowie seit Herbst 2014 ein Nähcafé einmal im Monat. Beide Angebote haben sich etabliert und werden gut genutzt. An die Fahrradwerkstatt dockt nun monatlich das Repair Café im Hallschlag an, das zum ersten Mal vor den Sommerferien 2014 stattfand. Die technische Expertise kommt von den Mitarbeitern der sozialen Einrichtungen vor Ort und des Stadtteilbüros. Noch werden mehr Freiwillige gesucht, die Verantwortung übernehmen und sich regelmäßig im Repair Café einbringen. Als Idee existiert auch ein „mobiles Repair Café Hallschlag“. Ein Anhänger / Bus, bestückt mit Werkzeug und Kaffee, macht an unterschiedlichen Stellen im öffentlichen Raum (Parkplätze, Plätze) Station. Statt auf Komm-Strukturen zu setzen, könnte ein mobiles Repair Café so die Menschen im Hallschlag noch besser ansprechen und motivieren. Infos zum Repair Café im Hallschlag unter zukunft-hallschlag.de
Repair Cafés (siehe auch hier) bieten viele Potenziale, um Generationen und Bevölkerungsgruppen im Quartier zusammenzuführen. Und sie liegen angesichts der Sorge um unsere Umwelt und der Sorge um Nachhaltigkeit im Trend. Stuttgart hat jedenfalls noch Platz für viele neue Repair Cafés, – im Grunde könnte es eines in jedem Stadtteil geben.