Das Theaterstück „Ich bin ein Hund“ vom Theater “Samarskaya Plostschad” aus der russischen Partnerstadt Samara beruht auf der Erzählung “Der Regenbogen für einen Freund“ von Michail Samarskiy. Der heute 17-jährige Autor, der in Moskau Internationale Politikwissenschaft studiert und unter den jungen Schriftstellern Russlands inzwischen zu den Erfolgreichen zählt, schrieb seine Erzählung über einen Blindenhund bereits mit 13 Jahren. Um seine Geschichte glaubhaft erzählen zu können, hat er sich drei Tage lang unter einer Augenmaske wie ein blinder Mensch bewegt und dabei auch die einzige Blindenhundenschule Russlands in Moskau besucht.
Die Inszenierung des Ein-Personen-Stückes “Ich bin ein Hund“ von Michail Samarskiys Erzählung mit der Intendantin und Schauspielerin Natalya Nosova unter der Regie von Evgeny Drobyshev wurde am 18. Oktober 2012 im Stadttheater von Samara uraufgeführt. Seitdem wird das Theaterstück regelmäßig in Samara gespielt und inzwischen auch in anderen Städten Russlands und in Deutschland aufgeführt. In dieser Zeit hat “Ich bin ein Hund“ mehrere bedeutende Theaterpreise, u. a. in Moskau, gewonnen, und Natalya Nosova wurde im September d. J. vom Oberbürgermeister von Samara, Dimitri Asarov, für ihre ausgezeichneten Leistungen geehrt.
Von der schauspielerischen Leistung der Künstlerin konnten sich die zahlreichen Besucher – sowohl deutsche wie auch russischstämmige – hier in Stuttgart überzeugen. Natayla Nosova spielt darin einen Hund – um genau zu sein, sie verkörperte einen Blindenhund. Das Stück wurde in russischer Sprache mit deutschen Untertiteln aufgeführt. In die Rolle eines Blindenhundes zu schlüpfen und damit sein tägliches Leben zu erzählen, ist eine bravouröse Herausforderung. Natalya Nosova spielte und erzählte sehr authentisch und mit viel Herzblut, wie ein Blindenhund ausgebildet wird, wie er alte Bürger führt, wie er durch den Tod eines blinden Menschen zu einem 13-jährigen Jungen kommt, der ihn plötzlich mit anderem Namen ruft, wie er von bösen Menschen verschleppt wird, wie er dann für kurze Zeit in der Obhut einer Familie, die mit Katzen lebt, bleibt, bin hin zu dem Schicksal, was aus einem Blindenhund wird, wenn sein Blinder Junge dank einer Operation wieder sein Augenlicht gewinnt.
Einerseits ist “Ich bin ein Hund“ eine bewegende, ja rührige Geschichte, andererseits macht das Theaterstück sehr nachdenklich: Es rückt ins Bewusstsein, wie Menschen mit Behinderung auch heute noch leben und wie es gelingen kann, diese Menschen in unser gesellschaftliches Leben verantwortungsvoll zu integrieren. Natalya Nosova: “Die Problematik unserer behinderten Welt gewinnt in Russland mehr und mehr an Bedeutung. Unser 1. Bürgermeister Dimitri Asarov unterstützt sehr aktiv die Integration Behinderter in unserer Stadt. Im Rahmen des Entwicklungsprogramms ’Wir sind verschieden – wir sind gleich’ fördert Samara eine Reihe von sozialen Projekten. Da war es für uns selbstverständlich, das auch im kulturellen Bereich mitzutragen. Und dies dann aus Sicht eines Blindenhundes zu inszenieren, hebt den Anspruch, den wir an unser Theater stellen, noch hervor.“
Unter diesem Aspekt schließt sich auch der Kreis, dass das Theaterstück “Ich bin ein Hund“ erstmalig in Stuttgart und vor allem im Generationenhaus Heslach aufgeführt wurde. In ihrer Begrüßungsansprache unterstrich die Sozialbürgermeisterin der Landeshauptstadt Stuttgart Isabel Fezer die Bedeutung solcher so genannten Inklusions-Projekte. Ihr liegt dabei besonders am Herzen, dass innerhalb unserer Gemeinschaft alle Menschen als selbstverständliche Mitglieder und Partner zusammenleben und behinderte Menschen in unsere Gesellschaftsprozesse integriert sind. “Durch unsere engen Beziehungen innerhalb der Städtepartnerschaft mit Samara sind soziale und kulturelle Projekte entstanden, die unsere Bevölkerung auf die Probleme, aber auch auf die Chancen und Lösungen von besonderen Inklusionsmodellen sensibilisiert. Dabei leistet das Theater einen wertvollen Beitrag“, so die Botschaft von Isabel Fezer anlässlich der Aufführung von “Ich bin ein Hund“. Und die persönliche Referentin des Oberbürgermeisters von Samara, Anna Samonova, die übrigens in Ludwigsburg Germanistik studierte, stellte mit ihren Begrüßungsworten nochmals die Wichtigkeit dieser und ähnlicher Projekte heraus: “Durch die guten Beziehungen zwischen Samara und Stuttgart stand dem Engagement unseres Theaters und ihrer Intendantin nichts im Wege. Für Dimitri Asarov ist es sehr wichtig, dass das Thema Integration von Behinderten, das uns in Samara sehr beschäftigt, auf diese Weise über den Weg kultureller Aspekte auch über unsere Grenzen hinweg vermittelt wird.“
Da das Thema Integration von behinderten Menschen inzwischen eine globale Aufgabe ist, macht die multikulturelle Begegnung im Generationenhaus Heslach noch wertvoller. Durch das besondere Engagement von Carola Haegele, der Leiterin des Initiativenzentrums im Generationenhaus Heslach (das seit kurzem in Gebrüder-Schmid-Zentrum unbenannt ist), kam es im Rahmen des Deutsch-Russischen Forums zu einem intensiven Kontakt des Körperbehindertenverbandes in der russischen Partnerstadt. Bei ihrem Besuch, der von vielen Gesprächen und Konferenzen zum Thema Inklusion begleitet wurde, war sie u. a. stark von der neu gestalteten Wolga-Promenade beeindruckt: “Über fünf Kilometer Länge wurde ein offener Begegnungsraum geschaffen, der barrierefrei für jeden Menschen zum attraktiven Ort der Geselligkeit am Ufer des wasserreichsten Flusses Europas geworden ist“. Und durch diese Kontakte öffnete sich nun auch der Weg für die Theateraufführung “Ich bin ein Hund“ von “Samarskaya Plostschad“.
Durch die multikulturellen Begegnungen der Künstlervereinigung “NeckArs“, bei denen es hauptsächlich um klassische Musik, um Musiktheater und anspruchsvolle Literatur geht und die intensive Kontakte zu Künstlern auf der ganzen Welt pflegen, konnte Elena Konson, die Erste Vorsitzende des engagierten Vereins “NeckArs e. V.“, ihre eingeladenen Gäste mit einer ganz besonderen Darbietung beglücken. “Es zeigte sich, wie wertvoll es ist, kulturelle Veranstaltungen, die in diesem Falle noch einen wichtigen sozialen Aspekt beinhalten, hier nach Heslach zu bringen. Mit der anschließenden offenen Begegnung aller Besucher mit den Künstlern, dem Ensemble und den offiziellen Vertretern der Stadt Samara konnte der Austausch und das Miteinander unserer Bürger gepflegt und vertieft werden“, mit diesen Worten brachte es Elena Konson auf den Punkt.
“Insgesamt“, so das Fazit von Carola Haegele, “wird mit dieser Veranstaltung einen nachhaltiger Eindruck zum Thema multikulturelle und sozial geprägte Bürgernähe vermittelt.“